Trio lite­ra­le. Drei Leser und ihre Lebens­bücher

Haus Cajeth Has­pel­gas­se 12, Hei­del­berg, Ger­ma­ny

Als Trio lite­ra­le stel­len drei Hei­del­ber­ger Per­sön­lich­kei­ten ihre Lebens­bücher vor, Bücher, die ihnen über Jah­re hin­weg Beglei­ter waren und beson­ders ans Herz gewach­sen sind. Sie fin­den sich erwar­tungs­ge­mäß auf kei­nen Best­sel­ler­lis­ten. Ihr Wert liegt viel­mehr in der Bedeu­tung, die sich im inti­men Umgang mit ihnen über Jah­re hin­weg immer wie­der und immer neu erwie­sen hat. – Anre­gun­gen für Weih­nachts­ge­schen­ke und die kom­men­den Fei­er­ta­ge sind garan­tiert.

Hazel Rosen­strauch: »Simon Veit. Der miß­ach­te­te Mann einer berühm­ten Frau«

Haus Cajeth Has­pel­gas­se 12, Hei­del­berg, Ger­ma­ny

Moses Men­dels­sohn hat sei­ne klu­ge Toch­ter Bren­del mit dem Ban­kier Simon Veit ver­mählt. Der Welt­wei­se schätz­te den Bräu­ti­gam, die Toch­ter nicht. Bren­del, berühmt als Doro­thea Schle­gel, Salo­niè­re und Muse der Roman­tik, ver­ließ ihren ers­ten Mann und Vater ihrer Söh­ne nach sech­zehn Jah­ren Ehe. Wer war die­ser von ihr und ihren Freun­den (Hen­ri­et­te Herz, Wil­helm von Hum­boldt u.a.) geschmäh­te Mann?

Tobi­as Arand: »1870/71. Der Deutsch-Fran­­zö­­si­­sche Krieg in Ein­zel­schick­sa­len«

Haus Cajeth Has­pel­gas­se 12, Hei­del­berg, Ger­ma­ny

Im Juli 1870 zogen Hun­dert­tau­sen­de in einen Krieg, der von bei­den Sei­ten mit gro­ßer Bru­ta­li­tät geführt wur­de und die Land­kar­te Euro­pas ver­än­der­te. In sei­nem Buch (Osburg Ver­lag, 2018) zeich­net der His­to­ri­ker Tobi­as Arand ein Pan­ora­ma die­ses Krie­ges aus Sicht der »klei­nen Leu­te« und der »gro­ßen Len­ker«. Er macht kom­pli­zier­te Zusam­men­hän­ge ver­ständ­lich und läßt vor allem Men­schen und ihre Geschich­te wie­der leben­dig wer­den – hohe Mili­tärs, ein­fa­che Sol­da­ten, Kran­ken­schwes­tern, Geist­li­che, Diplo­ma­ten, Jour­na­lis­ten und Lite­ra­ten.

Achim Engst­ler: Der Pes­si­mist als Humo­rist. Scho­pen­hau­er und sei­ne lite­ra­ri­schen Erben

Plus­punkt Im Neu­en­hei­mer Feld 130.2, Hei­del­berg, Ger­ma­ny

Opti­mis­mus und Gott­ver­trau­en beru­hi­gen das Gemüt, gro­ße Lite­ra­tur beför­dern sie sel­ten. Wenn alles zum Bes­ten steht, gibt es kei­nen Anlaß zur Gestal­tung. Wird das mensch­li­che Leben hin­ge­gen als sinn­los emp­fun­den, bedarf es, um durch­zu­hal­ten, der Distan­zie­rung: zum Bei­spiel einer Per­spek­ti­ve, aus der das Absur­de lächer­lich erscheint. Die Pos­se, die gele­sen wer­den kann, ist leich­ter zu ertra­gen als die, die gelebt wer­den muß. Ins­be­son­de­re Arthur Scho­pen­hau­er hat eine Viel­zahl bedeu­ten­der Autoren in die­sem Sin­ne inspi­riert.

Miguel Mal­do­na­do »Das Buch der trau­ri­gen Beru­fe – El libro de los ofi­ci­os tris­tes«. Lesung, Über­set­zung und Gespräch

Haus Cajeth Has­pel­gas­se 12, Hei­del­berg, Ger­ma­ny

Zwan­zig trau­ri­ge Beru­fe stellt der mexi­ka­ni­sche Autor Miguel Mal­do­na­do (*1976, Pue­bla) in sei­nem preis­ge­krön­ten Lyrik­band »Das Buch der trau­ri­gen Beru­fe – El libro de los tris­tes ofi­ci­os« (Bübül Ver­lag Ber­lin, 2018) vor. Es ist ein zärt­li­cher Blick, mit dem Mal­do­na­do über Men­schen schreibt, die oft ver­ges­sen wer­den, Tel­ler­wä­scher, Hilfs­ar­bei­ter, Klo­frau­en – und über Beru­fe, die ver­schwin­den, wie der Pup­pen­dok­tor oder der Ver­käu­fer von Enzy­klo­pä­dien.

Tan­ja Lan­ger: »Mei­ne klei­ne Groß­mutter & Mr. Thurs­day oder Die Erfin­dung der Erin­ne­rung«

Stadt­bü­che­rei Hei­del­berg Post­stra­ße 15, Hei­del­berg, Ger­ma­ny

Lin­da, Über­set­ze­rin aus dem Per­si­schen, läßt sich gern von ihren Träu­men len­ken, und so fin­det sie sich eines Tages in Lüne­burg wie­der. Dort leb­te ihre kaum gekann­te Groß­mutter Ida unmit­tel­bar nach dem Zwei­ten Welt­krieg, geflo­hen aus Ober­schle­si­en, ver­wit­wet, mit fünf Kin­dern. Lin­das Phan­ta­sie trägt sie in die Zeit der bri­ti­schen Besat­zung nach 1945: Ida ver­liert ihren Mann, schrubbt Wäsche – und begeg­net Mr. Thurs­day. Sie fängt bei ihm im »Astra Cine­ma« an und merkt vor lau­ter Fas­zi­na­ti­on für die Fil­me kaum, daß er sich in sie ver­liebt.

Mat­thi­as Wei­chelt: Peter Huchel und die Zeit­schrift »Sinn und Form«

Haus Cajeth Has­pel­gas­se 12, Hei­del­berg, Ger­ma­ny

Wolf Bier­mann lern­te von Peter Huchel (1903–1981) das »Schwei­gen zwi­schen den Wor­ten« und wid­me­te ihm mit »Ermu­ti­gung« sein berühm­tes­tes Lied. Joseph Brod­sky erkann­te an sei­nem Gesicht, daß er einen wirk­li­chen Dich­ter vor sich hat­te. Und Mar­cel Reich-Rani­cki zähl­te ihn zu den ganz gro­ßen Lyri­kern des 20. Jahr­hun­derts: Peter Huchels Erschei­nung hin­ter­ließ Ein­druck bei denen, die ihm begeg­ne­ten, die Wir­kung sei­ner Ver­se auf Leser und Autoren ist unge­bro­chen.

Antho­ny Powell »Ein Tanz zur Musik der Zeit« – Lesung und Gespräch

Stadt­bü­che­rei Hei­del­berg Post­stra­ße 15, Hei­del­berg, Ger­ma­ny

Der zwölfbändige Zyklus »Ein Tanz zur Musik der Zeit« – auf­grund sei­ner inhalt­li­chen wie for­ma­len Gestal­tung immer wie­der mit Mar­cel Prousts »Auf der Suche nach der ver­lo­re­nen Zeit« ver­gli­chen – ist das Haupt­werk des bri­ti­schen Schrift­stel­lers Antho­ny Powell (1905–2000) und gehört zu den bedeu­tends­ten Roman­wer­ken des 20. Jahr­hun­derts. Mit typisch bri­ti­schem Humor und Under­state­ment zeich­net der auto­bio­gra­phisch getön­te Zyklus ein facet­ten­rei­ches Bild der eng­li­schen Upper­class vom Ende des Ers­ten Welt­kriegs bis in die späten sech­zi­ger Jah­re.

Franz Macie­jew­ski: »Die Tor­hei­ten des Fran­cis­co Goya«. Pro­sa­ge­dich­te zu den ›Dis­pa­ra­tes‹

Haus Cajeth Has­pel­gas­se 12, Hei­del­berg, Ger­ma­ny

Die Fol­ge der ›Dis­pa­ra­tes‹ (gewöhn­lich mit ›Tor­hei­ten‹ über­setzt) ist die letz­te und zugleich unzu­gäng­lichs­te unter den Radie­rungs­fol­gen Goyas, die sein Kas­san­dra­wis­sen von der Moder­ne zu einem Abschluß bringt. Die­ses Wis­sen ist bedrü­ckend. Die Traum­ge­sich­te des Sieb­zig­jäh­ri­gen – 18 Sze­nen von der Grund­far­be Schwarz – las­sen sich lesen als Sta­tio­nen einer Rei­se durch Absur­di­stan. Auf dem gefähr­li­chen Weg durch die­ses Zwie­land des Mensch­li­chen-All­zu­mensch­li­chen erweist sich Goya indes als ein ver­läß­li­cher Füh­rer.

»Gedan­ke, was bist du eigent­lich?« – Gedich­te von Alda Meri­ni in zehn Spra­chen

Haus Cajeth Has­pel­gas­se 12, Hei­del­berg, Ger­ma­ny

Alda Meri­ni (1931–2009) gehört zu den gro­ßen ita­lie­ni­schen Lyri­ke­rin­nen der zwei­ten Hälf­te des 20. Jahr­hun­derts (und des frü­hen 21.). In Deutsch­land ist sie weit­ge­hend unbe­kannt. Ihr lyri­sches Werk ist nicht zuletzt geprägt durch die Erfah­rung von ins­ge­samt mehr als zehn Jah­re dau­ern­den Auf­ent­hal­ten in der Psych­ia­trie und einer ero­tisch gepräg­ten reli­giö­sen Mys­tik. Vor allem die inten­si­ve Aus­ein­an­der­set­zung mit dem Pro­blem­kreis der psy­chi­schen Krank­heit hat Alda Meri­ni, als »Paz­za del­la por­ta accan­to«, als »Ver­rück­te von neben­an«, in Ita­li­en zu einer natio­na­len Berühmt­heit wer­den las­sen. Als sie 2009 starb, wur­de sie mit einem Staats­be­gräb­nis geehrt.

Arno Wid­mann: Tho­mas Mann »Joseph und sei­ne Brü­der«

Plus­punkt Im Neu­en­hei­mer Feld 130.2, Hei­del­berg, Ger­ma­ny

»Eine mit aller Schwe­re der Welt­ge­schich­te belas­te­te, aber von ihr zugleich befrei­en­de Hei­ter­keit durch­zieht die schö­ne Geschich­te und Got­teser­fin­dung von Joseph und sei­nen Brü­dern«, schreibt der Jour­na­list und Buch­au­tor Arno Wid­mann. Genau 75 Jah­re nach sei­ner Voll­endung ist 2018 erst­mals eine kom­men­tier­te Aus­ga­be des vier­tei­li­gen Romans von Tho­mas Mann ›Joseph und sei­ne Brü­der‹ erschie­nen. Eine gute Gele­gen­heit, sich unter Arno Wid­manns Anlei­tung mit die­ser gro­ßen bibli­schen Erzäh­lung und einem der schöns­ten Bücher der Welt­li­te­ra­tur zu beschäf­ti­gen.

Moni­ka Lus­tig und Cor­ne­li­us Kie­ser: Ein Gespräch über Ver­lags­grün­dung in buch­fer­nen Zei­ten

Haus Cajeth Has­pel­gas­se 12, Hei­del­berg, Ger­ma­ny

Die ›Guten­berg Gala­xis‹, liest, hört und bemerkt man all­täg­lich, scheint aus­ge­dient zu haben. Die Buch­bran­che beklagt rapi­de schwin­den­de Ver­kaufs­zah­len, Inter­net­an­bie­ter und Buch­hand­lungs­ket­ten kne­beln ihre Lie­fe­ran­ten und trei­ben die inha­ber­ge­führ­ten Geschäf­te in den Exit, das gedruck­te Buch hat, außer bei dem zuse­hends klei­ner wer­den­den Kreis sei­ner unver­dros­se­nen Lieb­ha­ber, ganz schlech­te Kar­ten – und nicht zuletzt die »neu­en Medi­en«, ach!