Edi­ti­on Freun­des­kreis, Aus­ga­be 2:

Mat­thi­as Werm­ke, »Alt-Hei­del­berg, du feine/Feine?« Zu Vic­tor von Schef­fels Hym­ne auf die Stadt

Am 9. April 2016 jähr­te sich zum 130. Mal der Todes­tag von Joseph Vic­tor von Schef­fel, Anlass, an einen Schrift­stel­ler zu erin­nern, der in unse­ren Tagen zwar weit­ge­hend ver­ges­sen ist, zu sei­nen Leb­zei­ten und noch zwei, drei Jahr­zehn­te danach aber ein Best­sel­ler­au­tor war. Schef­fel gehör­te in der zwei­ten Hälf­te des 19. Jahr­hun­derts zu den lite­ra­ri­schen Schwer­ge­wich­ten in Deutsch­land. Doch schon für den Phi­lo­so­phen Kuno Fischer und in des­sen Kiel­was­ser für Ber­tolt Brecht und ande­re war Schef­fel nicht viel mehr als ein »Saufpoet«.1 Spä­tes­tens seit der Kata­stro­phe des Ers­ten Welt­krie­ges passt Schef­fel nicht mehr in die lite­ra­ri­sche Land­schaft. In unse­ren Tagen wer­den sei­ne Pro­sa­wer­ke schon gar nicht mehr gele­sen. Wenn irgend­wel­che Jung­schar­ler das Lied von den frech gewor­de­nen Römern oder Kor­po­ra­ti­ons­tu­den­ten vom »wun­der­schö­nen Nest« Hei­del­berg sin­gen, dann wer­den sie kaum einen Gedan­ken an des­sen Ver­fas­ser ver­schwen­den.

(…) hier bei uns ist Schef­fel – unab­hän­gig von sei­nem lite­ra­ri­schen Stel­len­wert – all­ge­gen­wär­tig. Schef­fel­ter­ras­se mit Schef­fel­denk­mal, Schef­fel­stra­ße und – für die­je­ni­gen, die’s noch wis­sen – das Restau­rant »Schef­fel­eck« sind oder waren Land­mar­ken in unse­rer Stadt, wel­che die Erin­ne­rung an den Dich­ter wach­hal­ten. Und wer immer zu den Ver­an­stal­tun­gen des »Hei­del­ber­ger Früh­lings« in die Tief­ga­ra­ge hin­ter der Stadt­hal­le abtaucht, muss sich dabei unwei­ger­lich von Schef­fel beäu­gen las­sen. Vom Süd­ost­turm des Gemäu­ers blickt die­ser zusam­men mit Per­keo und beglei­tet von den Ver­sen »Alt-Hei­del­berg, du fei­ne, / du Stadt an Ehren reich« unver­dros­sen auf die Vor­bei­zie­hen­den her­ab. Es ist eben­die­ses »Alt-Hei­del­berg, du fei­ne«, mit dem sich Schef­fel in unse­rer Stadt ein blei­ben­des Andenken geschaf­fen hat. Das Lied ist nichts weni­ger als die Stadt­hym­ne und darf bei kei­nem Ver­eins­ju­bi­lä­um und kei­nem Stif­tungs­fest feh­len. Indem die ers­te Stro­phe Ein­gang in die offi­zi­el­le Fas­sung des »Bad­ner­lieds « gefun­den hat, ist »Alt-Hei­del­berg, du fei­ne« sogar so etwas wie eine Hym­ne in der Hym­ne gewor­den. Und schließ­lich: Ohne die­ses Lied gäbe es den Mythos »Alt-Hei­del­berg« viel­leicht gar nicht. Grün­de genug, sich mit dem Text ein­mal genau­er zu beschäf­ti­gen, wobei sich die­se Beschäf­ti­gung auch als ein Bei­trag zur Hei­del­ber­ger Tra­di­ti­ons­pfle­ge ver­steht.

(…)

Dr. Mat­thi­as Werm­ke war Lei­ter der Duden­re­dak­ti­on und Gast­do­zent an der East Chi­na Nor­mal Uni­ver­si­ty in Shang­hai.
Bis 2018 war er Ers­ter Vor­sit­zen­der des Ver­eins »Freun­des­kreis Lite­ra­tur­haus Hei­del­berg e.V.«.

Edi­ti­on Lite­ra­tur­haus Hei­del­berg
Aus­ga­be 2

Mat­thi­as Werm­ke: »Alt-Hei­del­berg, du feine/Feine?« Zu Vic­tor von Schef­fels Hym­ne auf die Stadt.
Vor­trag, gehal­ten auf Ein­la­dung des Ver­eins Freun­des­kreis Lite­ra­tur­haus Hei­del­berg e.V. am 19. Mai 2016.
33 Sei­ten

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