Jahresgabe 2021:
Nikolaus Lenau, Die Heidelberger Ruine
Mit Faksimile
Mit Nikolaus Lenau, geboren als Franz Nikolaus Niembsch am 13. August 1802 in Csatád bei Temesvar, der als Schriftsteller sich das Adelsprädikat seines Großvaters »Edler von Strehlenau« adoptierte, schmückt sich das literarische Heidelberg. In der Bewerbung um den Titel »City of Literature« wird er charakterisiert als »einer der literarischen Hauptvertreter des Vormärz, dessen Naturlyrik zwischen Melancholie und politischen Freiheitsappellen oszillierte.« Seit 1902 ziert das Haus Hauptstraße 146 eine Gedenktafel: »Zur Erinnerung an Nikolaus Lenau, der in diesem Hause 1831 und 1832 wohnte, errichtet an seinem hundertsten Geburtstag, dem 13. August 1902, von der Stadt Heidelberg.« 1906 wurde in der Weststadt eine Straße nach ihm benannt.
1831 war Lenau nach Süddeutschland gekommen. In Stuttgart stand er in enger Verbindung mit Gustav Schwab und dem Schwäbischen Dichterkreis um Justinus Kerner und Ludwig Uhland. Im November desselben Jahres immatrikulierte er sich an der Universität Heidelberg, um ein Medizinstudium wieder aufzunehmen.
Große Erwartungen trieben Lenau im Sommer 1832 nach Nordamerika, die Hoffnung, dort das »land of the free« zu finden. Seine Ansiedlungspläne scheiterten, desillusioniert kehrte er im Jahr darauf ins Schwäbische zurück.
Heidelberg hat Lenau ein letztes Mal im Frühjahr 1844 besucht. In Stuttgart erlitt er wenige Monate später einen geistigen und körperlichen Zusammenbruch, kam in die Irrenanstalt Winnenthal, danach für fünf Jahre in die Anstalt Oberdöbling bei Wien, wo er am 22. August 1850 starb.
So sehr Lenaus Lyrik noch heute geschätzt wird, seine Versepen sind vergessen. »Nicht vergessen sei«, schreibt Michael Buselmeier, »daß dieser Meister der Grautöne, der eine masochistische Lust am Untergang empfand, sich in Heidelberg politisch, auch in Gedichtform, engagiert hat: für die verbotenen Burschenschaften ebenso wie für die polnischen Freiheitskämpfer.«
»Die Heidelberger Ruine« erschien im »Morgenblatt für gebildete Stände« (30. September 1833) erstmals im Druck und sodann in der zweiten, vermehrten Auflage der »Gedichte von Nicolaus Lenau« (Stuttgart und Tübingen, 1834). Vom Wortlaut dieser Drucke weicht das abgebildete Manuskript, eine frühe Niederschrift, an einigen Stellen ab. Entstanden ist das Gedicht, wie aus einem Brief Lenaus hervorgeht, in Amerika, dürfte aber schon zuvor konzipiert worden sein, vielleicht bereits während der Heidelberger Zeit 1831/32.
Mit herzlichem Dank an die Theodor Springmann Stiftung, Heidelberg, für die Erlaubnis, die einzige überlieferte Handschrift des Gedichts hier erstmals vollständig reproduzieren zu dürfen.
Der Freundeskreis Literaturhaus Heidelberg e.V. veröffentlicht für seine Mitglieder Jahresgaben in bibliophiler Ausstattung.